Wer sich tätowieren lässt, weiß genau, warum er das tut. Doch was häufig nicht bekannt ist: Tätowierungen können gesundheitlich riskant sein.


Regensburg (dpa/tmn). Jeder fünfte Deutsche hat sich bereits ein Tattoo stechen lassen, die Tendenz ist steigend. Den meisten gelten sie als harmlose Verschönerung: In einer Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) schätzte knapp die Hälfte von 1.000 Befragten das gesundheitliche Risiko als niedrig ein. Professor Wolfgang Bäumler von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Regensburg sieht das anders. Er erforscht seit Jahren, welche Auswirkungen Tattoos auf den Körper haben.

Tätowierfarben sind hochkomplexe Chemikalienmischungen

Besonders kritisch sieht Bäumler die Tätowierfarben. „Viele glauben, sie seien kontrolliert und absolut sicher. Aber so ist es nicht.“ Zwar gibt es seit 2009 eine Tätowiermittelverordnung, in der gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe aufgelistet werden. Eine Positivliste mit empfohlenen Farben existiert aber nicht. Bäumler erklärt das Problem mit den Tätowierfarben: „Sie stammen aus der chemischen Industrie. Das sind hochkomplexe Chemikalienmischungen, die nur einem industriellen Standard entsprechen.“ Seiner Meinung nach sollten sie hochwertig und rein sein wie Medikamente. Immerhin würden die Farben in die Haut gegeben. Was genau in den Farben steckt, ist häufig nicht bekannt. „In Tätowierfarben sind im Wesentlichen Pigmente und Suspensionsmittel als Trägerflüssigkeit enthalten“, sagt Bäumler. „Dazu kommen bis zu 100 weitere Substanzen, die nicht alle auf den Farbfläschchen aufgelistet sind.“ Ein Bewusstsein dafür gebe es jedoch nicht. „Viele Menschen vertrauen den Farben. Sie haben die Einstellung: Wenn so viele Menschen tätowiert sind, kann das doch nicht schlimm sein.“

Krebserregende Stoffe in Tätowierfarben gefunden

Wie schlimm es wirklich ist, darüber gibt es keine absolute Klarheit. „Bei Stichproben werden allerdings krebserregende Stoffe in den Farben gefunden“, sagt Ines Schreiver, Leiterin der Nachwuchsgruppe Tätowiermittel im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Studien dazu, inwieweit Tätowierfarben tatsächlich Krebs auslösen, gibt es bislang nicht. Was ein Forschungsprojekt des BfR aber definitiv gezeigt hat: Farbpigmente aus Tattoos können sich dauerhaft als Nanopartikel in Lymphknoten ablagern und werden durch das Lymphsystem zu anderen Organen transportiert.

Bei Verletzung der Haut können Infektionen entstehen

Doch das Tätowieren birgt auch Gefahren, die sich schneller zeigen. „Beim Tätowieren entstehen tausendfache mikrokleine Verletzungen der Haut“, sagt Uwe Kirschner, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten aus Mainz. Dabei könnten Infektionen entstehen. Wolfgang Bäumler empfiehlt deshalb, professionelle Tattoostudios auszuwählen. „Sie werden noch am ehesten kontrolliert.“ Spontane Tätowierungen im Urlaub am Strand sind dagegen nicht empfehlenswert.

Langfristige allergische Reaktionen

Eine weitere Gefahr sind allergische Reaktionen auf Farbstoffe. „Das zeigt sich in der Regel durch Rötungen, Schuppungen oder nässende Wunden“, erklärt Kirschner. Auch wenn die Symptome wieder abklingen, kann ein langfristiges Problem entstehen. „Hat der Körper einmal eine Allergie gezeigt, wird er sich bei erneutem Kontakt maximal dagegen wehren“, so der Hautarzt. Hat man zum Beispiel auf Metallbestandteile in Tattoofarben reagiert, könnte ein Transplantat problematisch werden.

Erschwerte Hautkrebsvorsorge

Tattoos erschweren außerdem die Hautkrebsvorsorge, bei der Muttermale untersucht werden. Kirschner rät auch dringend davon ab, über ein Muttermal stechen zu lassen. Sportler sollten vor dem Gang zum Tätowierer wissen, dass tätowierte Haut weniger Schweiß bildet, der dafür jedoch natriumhaltiger ist. „Sind Sportler also großflächig tätowiert, kann es Probleme mit der Temperaturregulation geben. Zusätzlich haben sie einen höheren Salzverlust“, gibt Kirschner zu bedenken. „Sie müssen mehr Elektrolyte zuführen, um ihre Temperatur zu regulieren und nicht zu überhitzen.“