Bei Wahl und Wechsel der Krankenkasse kommt es nicht nur auf den Zusatzbeitrag an. Wichtig ist, welche Leistung Sie dafür bekommen.


Hamburg/Berlin (dpa/tmn). Immer wieder kommt es vor: Die Krankenkasse erhöht den individuellen Zusatzbeitrag. Mancher Kunde erwägt dann, die Kasse zu wechseln – was in diesem Fall besonders einfach geht: Versicherte haben bei Beitragserhöhung ein Sonderkündigungsrecht. Ein Kassenwechsel ist aber auch sonst prinzipiell jederzeit machbar.

Allerdings besteht eine gesetzliche Mindestbindungsfrist: „Ein Wechsel ist in der Regel nur alle eineinhalb Jahre möglich“, sagt Jochen Sunken von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und tritt dann zum Ende des übernächsten Kalendermonats in Kraft.

Was gibt es für mein Geld?

Generell lohnt bei der Wahl der Krankenkasse nicht nur der Blick auf den Preis. „Auch auf die angebotenen Zusatzleistungen kommt es an“, erklärt Claudia Widmaier vom GKV-Spitzenverband in Berlin. Die allermeisten Leistungen sind zwar gleich – unabhängig davon, um welche gesetzliche Krankenkasse es sich handelt. Es gibt aber doch einen gewissen Anteil an Service- und Leistungsbereichen, in denen sich die Kassen unterscheiden.

Jochen Sunken nennt als Beispiele für Leistungsunterschiede die teilweise Kostenübernahme von Osteopathie oder Homöopathie. Attraktiv kann auch ein Bonusprogramm sein: Da gibt es je nach Kasse zum Beispiel Prämien, wenn Versicherte Vorsorgechecks nutzen.

Jede Kasse zahlt den Arztbesuch

Zum bundesweit einheitlichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört etwa die Behandlung beim Arzt, der frei gewählt werden kann. Der Arzt muss lediglich eine Kassenzulassung vorweisen können. Die Kasse zahlt zudem die vom Arzt verordneten Medikamente, Versicherte müssen pro Medikament einen Eigenanteil von bis zu zehn Euro leisten. Die Kasse finanziert zudem eine Vielzahl von Vorsorgeuntersuchungen.

Und auch für die Behandlung im Krankenhaus kommt die Kasse auf. Patienten ab dem vollendetem 18. Lebensjahr zahlen pro Behandlungstag zehn Euro zu, maximal aber 280 Euro im Jahr. Gesetzlich Versicherte haben zudem Anspruch auf Heilmittel wie Physio-, Ergo- und Sprachtherapie sowie auf Hilfsmittel.

Große Unterschiede beim Service

Ein wichtiger Unterschied zwischen den Kassen ist der Service beziehungsweise die Serviceform. „Manche Kassen setzen eher auf einen digitalen oder telefonischen Service, andere halten ein dichteres Filialnetz vor“, sagt Jochen Sunken. Wer Wert auf Beratung vor Ort legt, sollte darauf achten, dass die Kasse eine Geschäftsstelle in der Nähe hat.

Etliche Kassen haben dazu noch Extras im Angebot, Reiseimpfungen etwa oder zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen. Und oft, aber eben nicht immer, übernehmen sie auch die Kosten für eine Zahnreinigung. Viele bieten Zuschüsse für Gesundheitskurse wie Yoga oder Pilates an. Und bei einigen Kassen können Versicherte Zuschüsse für Gesundheitsreisen bekommen – etwa wenn sie im Alltag keine Zeit haben, regelmäßig Kurse zu besuchen.

Der Blick aufs Gesamtpaket

Wer auf solche und andere Extras Wert legt und sie bei seiner bisherigen Kasse nicht bekommt, für den kann ein Wechsel ein Gewinn sein. „Die Wahl der Krankenkasse hängt immer von den individuellen Bedürfnissen und Ansprüchen ab“, sagt Claudia Widmaier.

Wichtig ist also, sich das Gesamtpaket anzusehen: Wie hoch ist der Zusatzbeitrag? Welche Leistungen und Zusatzangebote gibt es – und nutze ich diese auch? Wie attraktiv ist das Bonusprogramm für mich und meine Familie? „Ein Wechsel einzig mit Blick auf nur einen dieser Faktoren ist nicht zu empfehlen“, sagt Jochen Sunken. So spart ein um ein oder zwei Promillepunkte niedrigerer Zusatzbeitrag zwar Geld. Das steht aber möglicherweise nicht im Verhältnis zu einer schlechteren Erreichbarkeit der Krankenkasse.

Familien können getrennt versichert sein

Für eine Familie mit Kindern ist es kein Muss, dass alle bei derselben Kasse versichert sind – vorausgesetzt, das Elternpaar ist jeweils eigenständig versichert. Dann können beide problemlos in verschiedenen Kassen Mitglieder sein. Jochen Sunkens Rat: „Das Elternteil, bei dem die Kinder mitversichert sind, sollte bei einem Wechsel schauen, ob die neue Kasse Zusatzleistungen anbietet, die für Kinder attraktiv sind.“

Lediglich Personen, die gerade ein neues Hilfsmittel beantragt und bewilligt kommen haben, sollten sich einen Wechsel überlegen. Sonst kann es vorkommen, dass das Hilfsmittel bei der alten Kasse zurückgegeben und bei der neuen neu beantragt werden muss.

Übrigens: „Ein Krankenkassenwechsel ist in bestimmten Fällen auch möglich, ohne dass der Versicherte seiner bisherigen Kasse kündigt“, sagt Claudia Widmaier. Das kann bei einem Arbeitgeberwechsel der Fall sein: Wird die Mitgliedschaft unterbrochen, etwa durch eine Pause zwischen der bisherigen Beschäftigung und dem Beginn einer neuen Tätigkeit, ist sofort ein Wechsel möglich – unabhängig davon, ob der Versicherte 18 Monate Mitglied bei einer Kasse war oder nicht.