Wie lange sollten Bankkonten nach dem Tod ihres Inhabers bestehen bleiben? Mindestens so lange wie nötig. Es gibt aber keine Löschungspflicht.


Berlin (dpa/tmn). Todesfälle bringen den Angehörigen zusätzlich zur Trauer belastende Bürokratie. Manchmal kommt noch Ärger mit der Bank dazu. Meistens geht es um die Frage, wer und in welchem Umfang auf das Konto des Gestorbenen zugreifen darf. Die Geldinstitute agieren vorsichtig. Kein Wunder, denn geben sie Konten und Geld zu Unrecht frei, haften sie in der Regel für entstehenden Schaden. Manchmal tauchen Probleme auf, wenn Konten sehr zügig aufgelöst werden.

Ausgaben laufen weiter

Rente, Miete, Telefon, Versicherungen: Solche Einnahmen und Ausgaben laufen nach einem Todesfall zunächst weiter. Dafür ist es sinnvoll, Konten bestehen zu lassen. Zumindest, bis Kündigungsfristen abgelaufen sind und keine Zahlungsverpflichtungen mehr anfallen. Danach werden Daueraufträge und Lastschriften gestoppt. Bei Zahlung ist zu prüfen, wie lange Eingänge zu erwarten sind: Die Deutsche Rentenversicherung etwa überweist in bestimmten Fällen noch drei Monate lang die komplette Rente des Gestorbenen.

Rechtlich existieren keine Fristen für die Konten und Depots

Rechtlich betrachtet existieren weder Fristen, wie lange Bankkonten und Depots nach dem Tod ihres Inhabers offen bleiben, noch Pflichten, sie zu löschen. Theoretisch haben sie ewig Bestand. Verfügungsberechtigt sind der oder die Erben. „Auf sie geht die Rechtsnachfolge über“, erläutert Wolfgang Roth, Fachanwalt für Erbrecht aus dem pfälzischen Obrigheim und beruft sich auf das Bürgerliche Gesetzbuch (Paragraf 1922 BGB). Auch der in Berlin ansässige Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken betont, Kreditinstitute zahlten Guthaben an Berechtigte aus – selbst nach zehn oder 30 Jahren. Sogar bei unbewegten und nachrichtenlosen existierten keinerlei Fristen, ab denen eine Auszahlung verweigert würde.

Banken drängen häufig zur Kontoauflösung

Praktisch sehen sich Angehörige manchmal mit dem Wunsch von Geldhäusern konfrontiert, Konten des Toten schnell aufzulösen und zu löschen. „Bei mir sitzen häufig Menschen, die dazu gedrängt werden. Banken nerven damit“, berichtet Roth aus seiner Erfahrung. Es werde argumentiert, „aus der Bankenpraxis heraus“ müssten Daten bereinigt werden. Roth nennt das Unfug. Unterstützung bekommt er von Heike Nicodemus von der Stiftung Warentest. Sie sagt: „Es gibt keine Regeln, höchstens bankinterne Handlungsanweisungen.“ Die sind aber intern, rechtlich bindend sind sie gegenüber dem Kunden generell nicht.

Banken haften für Schäden bei zu schneller Kontolöschung

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) haften Banken sogar für finanzielle Schäden, wenn sie Konten allzu schnell löschen. Im entschiedenen Fall musste eine Bank Überzahlungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) an diese zurückzuerstatten. Die DRV hatte nach dem Tod der Kontoinhaberin noch zwei Witwenrenten überwiesen. Die Bank wiederum hatte das gesamte Guthaben der Frau einschließlich der zu viel überwiesenen Rente an die Erben ausgezahlt und das Konto innerhalb von zwei Monaten gelöscht. Die DRV forderte die Rente von der Bank zurück und bekam höchstrichterlich Recht (Aktenzeichen: GS 1/18).

Prüfen Sie die AGB der Bank

Obwohl es keine rechtlich verbindlichen Fristen für die Auflösung gibt, kann der Teufel im Detail stecken – in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Geldhäuser. Falls die zum Girovertrag gehörenden AGB eine Klausel zur Auflösung im Todesfall enthalten, ist diese zu beachten. „So wie die Kontobedingungen abgeschlossen sind, gehen sie auf die Erben über“, erläutert Roth. An die Konditionen muss sich auch die Bank halten. Heißt aber auch: Steht nichts drin, können Erben das Auflösen ignorieren, das Konto darf bleiben und die Bank weiterhin Gebühren kassieren.

Die Bank darf laut BGH-Urteil keinen Erbschein als Legitimierung fordern

Üblicherweise bekommen Erben Zugang zu Konto, Depot und Safe. Dazu müssen sie der Bank ihre Legitimation nachweisen. Diese verlangt häufig einen Erbschein. Der ist jedoch nicht nur teuer, sondern das Ausstellen durch das Nachlassgericht dauert auch. Hinzu kommt, dass die Institute einen Erbschein pauschal eigentlich nicht mehr fordern dürfen, wie Stefanie Brielmaier von der Notarkammer Berlin erläutert. Sie weist auf eine schon vor Jahren getroffene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hin, in der er entsprechende AGB-Klauseln der Banken für unwirksam erklärte (Aktenzeichen: XI ZR 401/12).

Nachweis durch Erbvertrag oder notarielles Testament

Es gibt Alternativen zum Erbschein, die als Nachweis dienen. Dazu gehören Erbvertrag und notarielles Testament. „Dieses ist mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts vorzulegen“, sagt Brielmaier. Auch ein handschriftliches Testament könne reichen, wenn die Sachen eindeutig geregelt sind (BGH, Aktenzeichen: XI ZR 440/15). Das ist allerdings nicht immer der Fall. Sowohl beim notariellen Testament mit Eröffnungsprotokoll als auch beim privat errichteten Letzten Willen gilt: Verlangt die Bank trotz klarer Sachlage einen Erbschein, übernimmt sie die Kosten (BGH, Aktenzeichen: XI ZR 440/15).

Kontovollmacht und ihre Grenzen

Brielmaier weist noch auf einen Punkt hin: Eine Kontovollmacht über den Tod hinaus bedeutet nicht, dass der oder die Bevollmächtigten das Konto des Gestorbenen einfach leer räumen dürfen. Tun sie es dennoch, haften sie den Erben gegenüber.